Gelegeschutzzaun im Haarmoos aufgestellt

Einigen Spaziergängern im Haarmoos werden sie bestimmt schon aufgefallen sein, die beiden eingezäunten Streuwiesen westlich des Abtsdorfer Sees. Es handelt sich dabei um Maßnahmen des Landschaftspflegeverbands Biosphärenregion Berchtesgadener Land (LPV) und des Landesbunds für Vogelschutz Berchtesgadener Land (LBV). 

Die Elektrozäune, sogenannte Gelegeschutzzäune, wurden vor kurzem in Zusammenarbeit mit Landwirten und Grundeigentümern aufgestellt. Sie sollen Wiesenbrüter, allen voran den Großen Brachvogel, gegen Füchse, Marder, streunende Katzen und freilaufende Hunde schützen. Bis mindestens Ende Juni, also die Zeit, wenn die Küken flügge geworden sind, bleiben die Zäune stehen.

Der Große Brachvogel steht ganz oben auf der roten Liste der gefährdeten Arten und wird in der „Kategorie 1“ gelistet, was „vom Aussterben bedroht“ bedeutet, wie die Wiesenbrüterbeauftragte vom Haarmoos Melanie Tatzmann vor Ort erklärt. „Kategorie Null“ wäre verschwunden. Die Vögel brauchen feuchte Streuwiesen, die weitläufig und überschaubar sind. Es sollte dort kein Gehölz stehen, das für Greifvögel als Ansitz dient. Außerdem, so Tatzmann, müssen die Wiesen regelmäßig gepflegt werden. Die erste Mahd erfolgt im Mai. Optimal ist es für die Wiesenbrüter, wenn nur ein Streifen gemäht wird. In diesem „Frühmahdstreifen“ finden die Vögel ihre Nahrung, Insekten, Regenwürmer und „Schnitzel“, etwa Heuschrecken und Käfer, wie Melanie Tatzmann erklärt. Außerdem können sie in diesem Streifen ihr Gefieder gut trocknen. Das Gelege wiederum befindet sich, gut getarnt, im hohen, schützenden Gras der ungemähten Streuwiese, die traditionell einmalig im Herbst gemäht wird.

Die heuer erstmals umzäunten Streuwiesen haben eine Größe von vier und acht Hektar. Die kleinere wird von Privatleuten zur Verfügung gestellt, die größere gehört dem LBV. Errichtet haben die Zäune umliegende Landwirte, die sie zudem regelmäßige ausschneiden und auf ihre Funktionalität überprüfen. Diese Arbeiten werden je nach Aufwand vergütet. Susanne Thomas, die Geschäftsführerin des LPV, erklärt die Finanzierung und das Procedere der Schutzmaßnahmen. Der LPV organisiert die Zäunung der kleineren Fläche, er beschafft die Fördermittel und vernetzt die Akteure vor Ort. Weil es sich um die Pflege ökologisch wertvoller Lebensräume und um Artenschutzmaßnahmen handelt – das Haarmoos ist ein FFH-Gebiet und gehört zu den Natura 2000-Gebieten -, werden die Kosten des Projekts im Rahmen der staatlichen Landschaftspflege- und Naturparkrichtlinien, kurz LNPR, zu neunzig Prozent vom Freistaat gefördert.

Melanie Tatzmann, die die Wiesenbrüter regelmäßig beobachtet, erzählt, dass sie die ersten Vögel schon gesichtet hat. Darunter Brachvogel-Pärchen und einige Kiebitze, die wie Wachtelkönig, Braunkehlchen, Wiesenpiper und Feldlerche ebenfalls seit vielen Jahren auf der roten Liste stehen. Die Zugvögel, die aus ihren Winterquartieren in Süd- oder Westeuropa zurückgekehrt sind, sondieren das Terrain, besetzen bis Ende März alle Reviere und beginnen mit dem Bau ihrer Nester. Anfang Mai schlüpfen in der Regel die Küken, die als Nestflüchter gleich sehr mobil sind.

Zwischen fünf und 20 Hektar beanspruche laut Tatzmann allein ein Brachvogel-Paar. In den vier Jahren, wo sie als ehrenamtliche Wiesenbrüterbeauftragte tätig ist, habe sie im gesamten Haarmoos, das etwa 300 Hektar umfasst, pro Jahr etwa sieben Brutpaare beobachtet. Zum Vergleich: in den 1990ern wurden elf Brutpaare des Großen Brachvogels kartiert. Wie viele Junge die Brachvogel-Eltern – pro Gelege sind es rund vier Eier – durchgebracht haben, kann sie allerdings nicht sagen. Kritischen Stimmen, denen Zäune für Vögel merkwürdig vorkommen, entgegnet Susanne Thomas, dass in anderen Schutzgebieten Elektrozäune seit Jahren ihren Zweck gut erfüllen. „Es ist also ein Vorgehen, das sich bewährt hat“. Im Übrigen hätten früher viele Zäune auf den Streuwiesen in der alten Kulturlandschaft Haarmoos gestanden, auch Vieh wurde dort gehalten, so die Landschaftsplanerin.

Wichtige Hinweise für Besucher des Haarmooses: Auf den Wegen bleiben und Hunde an die Leine. Um die Wiesenbrüter und ihre Jungen zu schützen, werden die Besucher im Haarmoos darauf hingewiesen, dass sie vom 20. März bis zum 15. Juni nicht querfeldein über die Wiesen gehen. Sie sollen sich an die Besucherlenkung halten und auf den geteerten Wegen bleiben. Die Hundebesitzer müssen ihre Vierbeiner an der Leine führen und dürfen sie nicht durch die Wiesen laufen lassen.

Foto-Untertitel:

Gelegeschutzzaun an der Toreinfahrt, damit der Landwirt im Mai einen Frühmahdstreifen mähen kann .   ©: LPV Bildarchiv