Gut besuchter Landschaftspflegetag in Höglwörth – Maschinen und Methoden vorgestellt.

Der Landschaftspflegetag zum Thema „Streuwiesen“ mit Fachvorträgen im Klosterwirt Höglwörth und einer Exkursion bei herrlichem Herbstwetter zu umliegenden Streuwiesen erfreute sich sehr großer Resonanz.

Etwa vierzig interessierte Landwirte und Flächeneigentümer aus dem gesamten Landkreis nutzten die Gelegenheit, sich zu informieren und Erfahrungen auszutauschen. 

Dies sei ausgesprochen wichtig, weil das Wissen um die Streuwiesen weitestgehend in Vergessenheit geraten ist, so der Tenor der fünf Referenten. Organisiert und eingeladen hat der Landschaftspflegeverband Biosphärenregion Berchtesgadener Land e.V. (LPV). 

Der Wert von Streuwiesen für die Kulturlandschaft im voralpinen Hügelland kann nicht hoch genug eingeschätzt werden: diese Flächen werden nicht gedüngt, sie werden nur einmal im Jahr, zwischen Mitte September und Mitte März, gemäht und bieten daher unzähligen Pflanzen und Tieren einen unersetzbaren Lebensraum. Weil heimisches Stroh als Einstreu in den modernen Ställen so gut wie nicht mehr gebraucht wurde, hat man die Streuwiesen in Futterwiesen umgewandelt, aufgeforstet oder sie brach fallen lassen. Und genau hier setzt der Landschaftspflegeverband BGL an, wie dessen Vorsitzender Anton Kern bei der Begrüßung sagte: Arbeitsschwerpunkt ist die Pflege und Entwicklung solcher verbuschter und verbrachter Streuwiesen.

Grußworte überbrachten Elisabeth Hagenauer, in Vertretung von Landrat Bernhard Kern, und Markus Winkler, der Bürgermeister von Anger, auf dessen Gemeindegebiet das ehemalige Augustiner-Chorherrenstift Höglwörth steht. Hagenauer betonte, wie wichtig nachhaltige Landnutzung und Naturschutz seien und welch große Verantwortung wir für die wunderbare Landschaft haben, in der wir hier leben dürfen. Die unglaublich positive Entwicklung des Verbands hob Winkler hervor, der LPV sei ein „Erfolgsmodell und inzwischen unverzichtbar“.

Susanne Thomas, die Geschäftsführerin des LPV, moderierte die Veranstaltung. Als ersten Referenten stellte sie ihren Kollegen Pascal Marin vor, der in seinem Vortrag auf die kulturhistorische Bedeutung der Streuwiesen einging. Marin informierte über die Strukturen des 2016 gegründeten Verbands, dessen Geschäftsstelle sich in der Gemeinde Saaldorf-Surheim befindet. Bis auf die Stadt Bad Reichenhall sind alle Gemeinden und Städte des Berchtesgadener Landes Mitglied. Im LPV würden Landwirtschaft, Naturschutz und Kommunen Hand in Hand arbeiten. Die Aufgabengebiete sind vielfältig, Kernaufgabe ist die Biotop- und Kulturlandschaftspflege sowie das Beantragen von Förderanträgen.

Die alpenländische Streuwiesenkultur, fuhr Marin fort, sei Anfang des 19. Jahrhunderts entstanden, als Folge der Säkularisation und Aufteilung der Allmende an die Bauern. Streuwiesen seien vor allem in Gebieten mit wenig Ackerbau im alpinen Raum wichtig gewesen und hätten den Bauern den Übergang von der Weide- zur Stallwirtschaft ermöglicht. Weil das lokal produzierte Stroh durch den verminderten Ackerbau ausblieb, seien die Streuwiesen so richtig in Fahrt gekommen, erklärte Marin. Zudem war die Einstreu als Mist ein wichtiger Faktor für die Grünlandwirtschaft. Der Rückgang der Nutzung kam hauptsächlich durch die Umstellung der Ställe auf Gülle, wo es keine Einstreu mehr braucht. Heute würden mehr als die Hälfte der verbliebenen Streuwiesen Bayerns und die letzten zusammenhängenden Streuwiesenkomplexe im südlichen Oberbayern liegen. Ein bekanntes Beispiel in der Region sei das Haarmoos, so Marin am Ende seiner Ausführungen.

Wie sehr Flora und Fauna von intakten Streuwiesen profitieren beschrieb Otmar Wanninger in seinem reich bebilderten Vortrag zu den Tagfaltern im Berchtesgadener Land. Der Hobbyentomologe beschäftigt sich seit 50 Jahren mit Schmetterlingen, er hat auch am Standardwerk „Die Tagfalter Deutschlands und Österreichs“ mitgearbeitet. Der Teisendorfer erklärte, die Streuwiesen seien so wertvoll, weil die Falter dort jenen Lebensraum finden, um ihre Raupen durchzubekommen. Aus dem Publikum kam die Frage, wie viel Fläche es brauche, damit sich die Artenvielfalt halten könne. Wanninger sagte, es reichen bereits kleinere „Inseln“ reichen, so wie die Wiesen rund um das Kloster Höglwörth.

Verschiedene Lösungsansätze, wie man den Aufwuchs der Streuwiesen verwertet, wenn ihn die Bauern nicht mehr brauchen, stellte Thomas Köhler vom Deutschen Verband für Landschaftspflege (DVL) aus Ansbach vor. Aspekte wie Trocken- und Nassfermentation bei Biogasanlagen, thermophile Kompostierung, Kleinkompostieranlagen und einiges mehr kamen zur Sprache. Auf Grund der komplexen Thematik könne man sich bei Fragen jederzeit an ihn vom Dachverband und an den hiesigen LPV wenden, bot Köhler an.

Über staatliche Fördermöglichkeiten des Naturschutzes referierte Henrik Klar von der unteren Naturschutzbehörde (uNB) am Landratsamt. Der Biodiversitätsberater erklärte die zwei Hauptinstrumente, das Vertragsnaturschutzprogramm (VNP) und die Landschaftspflegerichtlinien (LNPR). Zur Rolle des LPV sagte er: dieser kann als Maßnahmenträger staatliche Fördermittel beantragen und so die Arbeiten, die nach Möglichkeit von Landwirten übernommen werden, finanzieren.

Dass sich in diesem Jahr hinsichtlich Förderungen durchaus einiges Positives für die Streuwiesenbauern getan habe, berichtete Georg Linner vom AELF (Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Traunstein). Der Fachgebietsleiter sagte, die neue GAP (Gemeinsame Agrarpolitik) habe eine grundlegend neue Struktur bekommen, um die Landwirtschaft in Europa ökologischer und nachhaltiger zu machen. Es gebe damit für Bauern, die ihre Wiesen extensiv bewirtschaften, zusätzliche Mittel. Bisher wurden allerdings erst wenige Prämien aus diesem neuen „Ökotopf“ beantragt.

Nach einem gemeinsamen Mittagessen startete die Exkursion. Zuerst versammelten sich die Teilnehmer am Höglwörther Parkplatz, wo einige Landwirte ihre Traktoren und Maschinen geparkt hatten, mit denen sie Landschaftspflegearbeiten, unter anderem auch auf Streuwiesen, durchführen. Pascal Marin stellte die Landwirte Mathias Fuchsreiter und Hans Hofmeister sowie den Landschaftspflegeunternehmer Hubert Kendlbacher vor und informierte über die technischen Möglichkeiten. Zu sehen waren Motormäher, Motorbandrechen, Mähwerke mit Doppelmesser, eine Mähraupe und ein Traktor mit Doppelbereifung.

Vom Parkplatz aus marschierte die Gruppe den Mooshäuslweg entlang in nördliche Richtung. Das Gebiet ist FFH-Gebiet und heißt offiziell „Urstromtal Höglwörth“. Die Teilnehmer waren begeistert von der herrlichen Landschaft, die, wie Marin betonte, ein wunderbares Beispiel für die Kulturlandschaftspflege sei. Wenn es diese nicht gebe, wäre alles verbuscht und bewaldet und es gebe keinen freien Blick mehr auf das Kloster. Höglwörth sei im Berchtesgadener Land ein Vorreiterprojekt des LPV, etwa 6 ha an „blinden Flecken“ habe der LPV in dem Tal in die Pflege genommen, die anderen Flächen würden bereits durch Landwirte im VNP (Vertragsnaturschutzprogramm) gepflegt.

Der studierte Förster lieferte viele Informationen, er zeigte inzwischen lichte Hangflächen, die sich während der letzten sechs Jahre dank der vielen Arbeit zu schönen, krautreichen Wiesen entwickelt haben. Das Ziel der Exkursion, eine ehemals verbrachte Streuwiese, auf der der Angerer Landwirt Hias Fuchsreiter mit einem Balkenmäher mähte, bezeichnete er als geradezu „ikonischen Stelle“ für die harte Handarbeit, die notwendig ist, um die Pflegemaßnahmen umzusetzen. Das Ziel sei Gras statt Schilf und ein tragender Boden, auf dem ein leichter Traktor den Aufwuchs schneiden kann. Die Artenvielfalt mit seltenen Orchideen und Insekten würde dann ganz von alleine kommen, wie Pascal Marin am Ende versicherte.

Mit solch positiv stimmenden Aussichten und vielen neuen Eindrücken verabschiedete der Vorsitzende des LPV Anton Kern die Teilnehmer. „Mit kleinen Schritten kommen wir zum Erfolg“, so sein Fazit des nach 2022 zweiten Landschaftspflegetages. Es ist geplant, dass solche Tage künftig jährlich mit aktuellen Themen in den dafür passenden Gegenden stattfinden.

Bildunterschrift:

Bevor es zu den Streuwiesen ging, informierte Pascal Marin (Hintergrund Mitte), auf dem Parkplatz in Höglwörth über die anlässlich des Landschaftspflegetags bereitgestellten Spezialmaschinen. Vorne links: Markus Winkler, Bürgermeister von Anger, und Anton Kern, Vorsitzender des Landschaftspflegeverbands Biosphärenregion Berchtesgadener Land e. V.

Text und Bilder Karin Kleinert